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Sprachpolitik
Anfrage zu Esperanto in der französischen Nationalversammlung

29.04.2010

en Esperanto

Der französische Bildungsminister Luc Chatel hat in seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage von Olivier Jardé (Somme) die allgemeine Zulassung des Esperanto im französischen Schulwesen abgelehnt; zum Vergleich: In Frankreich konnten zum Abitur 2009 insgesamt 57 Sprachen gewählt werden (vgl. Le baccalauréat 2009: "22 langues vivantes étrangères" (lebende Fremdsprachen, 24 andere Sprachen, 11 regionale Sprachen).

Die Antwort des Bildungsministeriums enthält mehrere positive Informationen zu Esperanto, so werden die Esperanto-Ideale der Brüderlichkeit (fraternité) und Neutralität herausgestellt und es wird auf die eigene Kultur des Esperanto verwiesen. Weiterhin wird erwähnt, dass Esperanto von Millionen von Sprechern auf der ganzen Welt gesprochen wird.

Es bestünden keine Einwände dagegen, Esperanto im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften zu unterrichten.

Ablehnungsgründe

Das Ministerium führt eine Reihe von Gründen an, warum Esperanto nach seiner Auffassung nicht die notwendigen Bedingungen erfüllt, um Esperanto-Unterricht an den Schulen zu institutionalisieren:

  • Esperanto könne derzeit nicht mit den großen internationalen Sprachen wie Englisch, Arabisch, Spanisch, Russisch und Französisch konkurrieren. Esperanto sei außerdem heute nicht als Arbeitssprache in den großen internationalen Organisationen anerkannt.
  • Esperanto sei keine Muttersprache.
  • Die eigene Kultur des Esperanto sei noch sehr jung.

Arbeitssprache

Das Bildungsministerium argumentiert hier mit den großen internationalen Sprachen, die auch als Arbeitssprachen benutzt werden, während gleichzeitig insgesamt 57 Sprachen zum französischen Abitur zugelassen sind, die in der Mehrzahl nur eine geringe internationale Rolle spielen.

Muttersprache seit hundert Jahren

Die Behauptung, Esperanto sei keine Muttersprache, ist unzutreffend - Esperanto ist bereits seit 1904 Muttersprache. In "The Encyclopedia of Language and Linguistics" von 1994 ist nachzulesen, dass es sogar Muttersprachler der zweiten und dritten Generation gibt (d.h. ein Großelternteil sprach schon Esperanto als Muttersprache). Die Zahl der Esperanto-Muttersprachler wird heute auf mehrere tausend geschätzt.

Schriftliche Esperanto-Kultur seit 1887

Auch der Verweis darauf, die eigene Kultur des Esperanto sei noch sehr jung, ist im Rahmen der Bildungspolitik schwer einzusehen - niemand lehnt den Unterricht von Informatik mit dem Argument ab, dieses Fach sei noch sehr jung. Im übrigen ist festzuhalten, dass Esperanto eine Tradition der schriftlichen Literatur seit 1887 hat - länger als manche der zum französischen Abitur zugelassenen Sprachen. Derzeit erscheinen etwa 120 Esperanto-Bücher jährlich; auch dies übertrifft die Anzahl der Neuerscheinungen in vielen der zum Abitur in Frankreich zugelassenen Sprachen.

Zulassungskriterien

In der Antwort sind weiterhin einige Kriterien für die Zulassung als Unterrichtsfach aufgelistet:

  • Esperanto müsse ausreichend in der Welt verbreitet sein, um eine effektive und praktische Verwendung zu erlauben.
  • Es müsse einen offiziellen Status haben.
  • Es müsse Träger einer Kultur und eines reichen und lebendigen kulturellen Erbes sein. Der Schüler müsse seine eigene Kultur mit der der anderen vergleichen können, um zu verstehen, was jede in ihrer Unterschiedlichkeit ausmache.
  • Es ginge auch darum, den Schüler für die linguistischen Variationen wie Akzent, Dialekt und Sprachregister zu sensibilisieren, die das Besondere der Sprache ausmachten.
  • Es sei der Zugang zur Komplexität einer Kultur und zum inneren Reichtum einer Sprache, die das Lernen besonders motivierend für die Schüler mache.

Diese Kriterien können keine Ablehnung der Zulassung als ordentliches Unterrichtsfach an französischen Schulen - und damit die Verweigerung der Gleichberechtigung mit 57 anderen Sprachen - begründen:
  • Praktische Verwendung: Das Ministerium führt selbst an, dass mehrere Millionen Menschen auf der Welt Esperanto sprechen; dies alleine zeigt, dass eine praktische Verwendung des Esperanto kein Problem darstellt. Beispiele der Anwendung von Esperanto sind die Wikipedia mit derzeit 128.000 Artikeln (Platz 22 im Vergleich mit anderen Sprachen), die Informationsseiten der chinesischen Regierung (Esperanto als eine von zehn Sprachen), die Seiten von Google oder Computerprogramme wie Firefox.
  • Offizieller Status: In Ungarn ist Esperanto seit Jahrzehnten als Schulfach zugelassen; in Brasilien ist derzeit ein Gesetzgebungsverfahren zu Esperanto an öffentlichen Schulen in Gang.

    Durch die Aufnahme des Esperanto-PEN-Zentrums in PEN International wurde Esperanto 1993 als Literatursprache anerkannt.

    Die Unesco hat bereits 1985 ihre Mitgliedsstaaten eingeladen, die "Einführung eines Studienprogramms zum Sprachenproblem und zu Esperanto in den Schulen und höheren Bildungseinrichtungen zu fördern" ( Protokoll der Generalkonferenz in Sofia, 1985).

  • Vergleich von Kulturen: Es ist überraschend, dass im Zusammenhang mit Esperanto das Vergleichen von Kulturen thematisiert wird. Zum einen hat Esperanto eine Kultur, in der eigene Schöpfungen mit den nationalen Kulturen der Esperantosprecher zusammenkommen. Zum anderen bietet die internationale Gemeinschaft der Esperantosprecher tagtäglich Gelegenheit, die eigene Kultur mit der der anderen in Beziehung zu setzen.
  • Akzent, Dialekt und Sprachregister: Auch in Esperanto haben die Sprecher unterschiedlicher Regionen einen mehr oder weniger ausgeprägten Akzent. Ganz sicher bedient sich auch in Esperanto ein Redner eines anderen Sprachstils als ein Musiker, ein Schriftsteller oder ein Jugendlicher. Ausgeprägte Dialekte gibt es in Esperanto heute nicht - es ist allerdings überraschend, dass ein Bildungsministerium Dialekte als wesentlich für die Zulassung als Schulsprache ansieht; gewöhnlich stehen Dialekte nicht im Zentrum des Schulunterrichts...
  • Komplexität der Kultur und innerer Reichtum einer Sprache: Es ist nicht leicht, Kriterien für die Komplexität einer Kultur und den inneren Reichtum einer Sprache anzugeben. Allerdings ist festzustellen, dass die vielfältige Esperanto-Kultur mit Literatur, Theater, Musik, internationalen Begegnungen usw. durchaus attraktiv für viele Menschen ist, die Esperanto lernen und z.B. zum weiteren Wachstum der Esperanto-Wikipedia beitragen.

    Was - zum Vergleich - das Englische anbetrifft, so ist eher fraglich, ob es in erster Linie der innere Reichtum dieser Sprache ist, der zum Lernen motiviert, oder eher die Befürchtung, von Bildung und vielem anderem ausgeschlossen zu sein und damit einen schlechteren Zugang zu äußerem Reichtum zu haben...

Louis F. v. Wunsch-Rolshoven, EsperantoLand

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