12.03.2019
Esperanto hat 1000 MuttersprachlerInnen und etwa 2 Millionen Esperanto-SprecherInnen (Nutzer) insgesamt, so der Sprachinformationsdienst ethnologue.com. Esperanto wird als eine "Verkehrs- und Bildungssprache" angesehen (Stufe 3 der dreizehnstufigen EGIDS-Skala zur Bewertung von Sprachen; Stufe 1 ist eine Nationalsprache wie Deutsch, ab Stufe 6 werden Minderheitensprachen aufgeführt).
SIL International: Erforschung von Sprachen
Die Internetseiten ethnologue.com werden von SIL International herausgegeben (ursprünglich Summer Institute of Linguistics), einer christlich orientierten, wissenschaftlichen Organisation, die sich im Sprachenbereich laut Selbstdarstellung der Erforschung, Übersetzung, dem Training und der Entwicklung von Materialien widmet. Die Seiten und die seit 1951 herausgegebene Buchversion gelten als Standardwerk zur Beschreibung der Sprachen der Welt.
Die Skala EGIDS
Die Skala EGIDS (Erweiterte Abgestufte Intergenerationelle Veränderungsskala; Expanded Graded Intergenerational Disruption Scale) gibt eine Einschätzung der Vitalität bzw. Gefährdung von Sprachen. Die Stufe 3 für Esperanto zeigt an, dass Esperanto u. a. in Massenmedien verwendet wird und im Kontakt zwischen verschiedenen Regionen.
Eine deutschsprachige Beschreibung von EGIDS mit Quellen findet sich in der Wikipedia.
Beschreibung des Esperanto 2005 bis 2016
Im Zeitraum von 2005 bis 2016 war die Beschreibung des Esperanto bei ethnologue einigen Veränderungen unterworfen. Von zumindest August 2005 bis Dezember 2008 wurde die "Bevölkerung" (offensichtlich: die Zahl der Muttersprachler) mit 200 bis 2000 angegeben; weiterhin wurden 2 Millionen Zweitsprecher erwähnt. Zumindest ab August 2009 bis Dezember 2012 war bei Bevölkerung zu lesen, es sei keine Schätzung verfügbar; eine Bibliographie zu Esperanto als Muttersprache ist auf den Seiten zu Esperanto-Muttersprachlern in der Esperanto-Wikipedia zu finden, mit etwa einem Dutzend Artikeln bis 2006, allerdings wohl lediglich zwei davon auf Englisch in bekannteren Zeitschriften.
Nach Einführung der Skala EGIDS war Esperanto zunächst auf Stufe 6a eingeordnet (lebhaft/gebräuchlich; 3/2013 bis etwa 2/2015); es folgte Stufe 5 (sich entwickelnd/beständige Schriftsprache, zumindest 5/2015 bis 1/2016). Danach erfolgte eine Einordnung auf Stufe 9 (nur Zweitsprache, 3/2016 bis etwa 12/2016) und seit etwa März 2017 die derzeitige Stufe 3.
Esperanto als Muttersprache und lebende Sprache
Die häufigen Veränderungen sind bemerkenswert; sie spiegeln vermutlich das weite Spektrum der Beurteilung der Sprache Esperanto innerhalb der Sprachwissenschaft wider. Für die Einordnung des Esperanto ist es sehr wesentlich, dass die etwa tausend Esperanto-Muttersprachler erwähnt werden - schließlich gilt etwas als "lebende Sprache", wenn eine muttersprachliche Gemeinschaft besteht.
Das Bild des Esperanto in der Öffentlichkeit
Es ist anzunehmen, dass die Informationen, die auf den Seiten von ethnologue.com in früheren Jahren zu finden waren, gelegentlich das Bild des Esperanto in der Öffentlichkeit oder bei Fachleuten beeinträchtigt haben. Den Herausgebern der Seiten ethnologue.com gebührt großer Dank, dass sie nun die tatsächliche Situation des Esperanto und seiner Sprachgemeinschaft darstellen.
Zur Vertiefung
Die Skala EGIDS ist eine Weiterentwicklung der 1991 von J. A. Fishman vorgestellten Skala GIDS (Fishman, J. A., 1991, Reversing language shift, Clevedon, UK, Multilingual Matters Ltd.). EGIDS wurde 2010 in einem Artikel von M. Paul Lewis und Gary F. Simons erläutert ( Assessing endangerment: Expanding Fishman's GIDS. Revue Roumaine de Linguistique 55(2). April 2010. Hinweis: Der Verweis führt zu einer Vorversion von Sept. 2009). M. Paul Lewis ist der Herausgeber von Ethnologue: Languages of the World; Gary F. Simons ist u. a. geschäftsführender Direktor von Ethnologue.
Die Einordnung des Esperanto in Stufe 3 nach der Skala EGIDS ergibt sich aus dem Entscheidungsbaum auf S. 30 des Artikels; Esperanto ist eine nicht offizielle Verkehrssprache (vehicular).
Louis F. v. Wunsch-Rolshoven
Großen Dank für mehrere Anregungen zu diesem Text an Claudia Hamelbeck und Bernhard Pabst.
[ethnologue.com]